Unsere Reise mit

HYDRA II

Sommer 2016 - Teil 2

   
01.08.2016 - 10.09.2016  


Mit Freunden im Ionischen Meer


08.09.2016, Ormos Vlycho, Lefkas

Gewittersturm am frühen Morgen oder „warum man überfüllte Buchten meiden soll“

Kurz nach 04:00 beginnt der Regen, kein Windhauch kräuselt die Wasseroberfläche. Aber es blitzt und donnert zum Fürchten. Ganz nach dem Sprichwort „Kommt Regen vor dem Wind, hol die Segel ein geschwind“ ziehen wir langsam unsere Regenklamotten an. Wir, das sind Klaus, sein Bruder Winfried und dessen Freundin Anja. Und wie befürchtet, beginnt’s kurz nach fünf richtig zu blasen. Anfangs noch aus Süden, da müsste der Anker halten. Macht er auch, aber nach ein paar Minuten dreht der Wind auf West-Süd-West und legt nochmals kräftig zu. Als wir uns umblicken, liegen wir etwa 15 Meter schräg vor einem dunklen Rumpf und kommen dessen Ankerkette beängstigend nahe. Der war doch grad noch nicht da! Oder waren wir nicht hier? Unser Bug zeigt zum Wind, was beim momentanen Gebläse eigentlich nur bedeuten kann, dass sich der Anker wieder irgendwie gefangen hat. Aber wenn der Wind wieder dreht, sind wir dran an der Kette. Also beide Motoren an, solange wir noch wegkommen. Winfried und Anja holen im peitschenden Regen den Anker hoch, eine Verständigung ist nicht mehr möglich. Zum Glück kommt er reibungslos an Deck. Aber was jetzt: die Sicht ist praktisch Null, der Regen sticht in den Augen wie Nadeln. Zudem irren noch einige andere Boote in der Bucht umher. Nur in den Augenblicken wenn’s blitzt ist für kurze Zeit ein bischen was zu erkennen. Wir motoren ganz langsam gegen den Sturm. Ein paar Meter schräg rechts vor uns wendet eine Yacht die gleiche Taktik an. Doch plötzlich ist Geschrei auf der anderen Yacht zu hören. Wie brüllen die sich denn an, wenn selbst wir das noch hören? Beim nächsten Blitz erkennen wir den Grund: ein kleines vor Anker liegendes Segelboot war wohl in ihrem Weg gelegen. Wie einen Spielzeugball bläst der Sturm die Yacht davon und sie verschwindet in der Regenwand hinter uns. Wahnsinn! Solange nicht einem Segler vor uns das gleiche widerfährt, ist die Situation mittlerweile für uns ganz erträglich. Wir können uns zwischen zwei beleuchteten Yachten mit den Maschinen halten, dabei ist allerdings Konzentration erforderlich. Als der Sturm ein wenig nachlässt, legen wir soweit wie möglich den Anker vor die beiden. Der Anker ist noch nicht richtig unten, ist auch der Sturm vorbei und der Wind geht auf 8 Knoten zurück. Wir kontrollieren den Windmessers: maximale Windgeschwindigkeit 47 Knoten! Das ist gerade noch Windstärke Neun, bei 48 Knoten beginnt Zehn. Wir trauen uns nicht, unsere patschnassen Klamotten auszuziehen, da ein weiteres Gewitter heranzieht. Aber jetzt haben wir Glück, es zieht an uns vorbei. Der Wind nimmt nicht mehr zu, obwohl bei jedem Donner das ganze Schiff erzittert. So nach und nach sind langsam auch wieder die Konturen der Berge ringsum zu erkennen, der Tag bricht endlich an.
Die Lehre aus diesem Abenteuer: gehe niemals nach Vlycho, wenn ein Gewitter vorhergesagt ist! Und wir hatten Glück: wenn sich da ein Tau im Propeller verfängt oder ein treibendes Boot auf uns zukommt gibt's Kleinholz. Anja's Kommentar: "Jetzt war mal was los!"



29.08.2016, Ormos Markou/Amvrakischer Golf

"Buchtenkino" oder: "Ist es von Vorteil, wenn der Anker den Boden berührt"

Das ist jetzt mal echt einen Eintrag wert. Gestern Nachmittag kommt ein nagelneuer Kat, eine Lagoon 400 S2, in die Bucht. An Bord ein etwas älteres englisches Pärchen, sie am Anker, er am Steuer. Das Schiff mit allem ausgerüstet. Einschließlich Amaterfunkanlage, erkennbar an der Peitschenantenne am Heck. Sie kurven kurz durch die Bucht und suchen anscheinend einen geeigneten Ankerplatz. Naja dachte ich mir, das macht man ja so, die werden schon wissen was sie machen. Sie wussten es leider nicht! Als sie zum ersten Mal ihren Anker legen, geschieht das auf Höhe unseres Ankers. Und auch da dachte ich noch, die merken schon, das wird ein wenig knapp, die kommen uns ganz schön nahe. Als ich gerade rufen wollte, hört die Dame auf, die Kette ins Wasser rauschen zu lassen. Und ich dachte wieder: Die ist aber kurz. Dazu muss man wissen, Ormos Markou ist ein bischen tiefer als andere Ankerplätze. Unser Anker liegt auf ca. 15 Meter Wassertiefe, da braucht man mindestens 50 Meter Kette. Also kurz nachgerechnet: unsere Ankerwinde läßt in 45 Sekunden ca. 30 Meter Kette raus. Die Winde von unserem Neuankömmlingen lief vielleicht 20 Sekunden: wenn die Winde nicht extrem viel schneller läuft als unsere sind vielleicht 20 Meter Kette im Wasser. Und der Steuermann fährt mit schmackes zurück, die Kette geht im 30-Winkel ins Wasser. So fahren sie also rückwärts knapp 20 Meter an uns vorbei. Wenn ich mir das von der Seite so ansehe, kann der Anker den Grund gar nicht berühren!! Und die wundern sich, dass der Anker nicht hält! Sie sehen zumindest ein, dass der momentane Zustand so nicht bleiben kann und holen Kette mitsamt Anker wieder hoch. Auf ein neues an einer anderen Stelle. Diesmal "stoppe" ich mit: die Winde läuft 19 (neunzehn!!) Sekunden! Also gleiches Schauspiel wie beim ersten Mal, es geht mit ca. 3 Knoten rückwärts durch den Ormos Markou. Der Steuermann geht noch nach vorne und kontrolliert, ob alles stimmt. Nur dass die Kette viel zu kurz ist fällt ihm nicht auf. Nachdem sich das mehrmals wiederholt, überlege ich, ob ich meine Hilfe anbieten soll. Die würde sich zwar auf den Tipp beschränken, doch mal das Echolot zu kontrollieren und danach die Kettenlänge zu berechnen. Aber ich verkneife mir meine Hilfe, das könnte bei der fortgeschrittenen Diskussion an Bord als rechthaberei ausgelegt werden. Nach 45 Minuten und etlichen Versuchen brechen sie ihr Vorhaben ab und dampfen wieder aus der Bucht. Geht's noch dümmer? Und das waren Eigner, keine Charterer! Was man alles beim Segeln erleben muss, dem Irrsinn sind scheinbar keine Grenzen gesetzt ...



Über den Zeitraum zwischen 30.06.2016 (der letzte Eintrag) bis 29.08.2016 werden wir noch gesondert berichten. Eigentlich ist nicht viel passíert, Bettina ist am 23.07, eine Woch früher als geplant, nach München geflogen. Klaus war kurz in Messolonghi, hat kurz am Schiff gearbeitet und war im August drei Wochen mit Freunden unterwegs. Zuerst waren Gaby und Gerd, danach Linda und Claus an Bord.


- Bilder folgen noch! -

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